Ein Leichtgewicht mit gutem Klang

Was haben Lego-Steine mit einer Trompete gemeinsam? Früher nichts, inzwischen viel. Denn vor einigen Jahren kamen im Instrumentenbau neue Materialien ins Spiel und Instrumente aus demselben Kunststoff auf den Markt, aus dem auch die Legosteine sind. Seit geraumer Zeit ist neben der pbone, der Plastikposaune, auch eine Trompete aus Kunststoff erhältlich: die ptrumpet. Seiher scheiden sich an ihr die Geister. Was aber für sie spricht, ist das Gewicht und der Preis – über alles andere lässt sich bekanntlich streiten.

Wie bei kaum einem anderen Instrument werden Material und Klang so sehr miteinander assoziiert wie bei der Trompete: Strahlend, hell, leuchtend, brillant, edel und glänzend – das sind die Adjektive, die den Klang der Trompete häufig beschreiben. Und so lange sie aus Messing, Goldmessing oder Silber gefertigt ist, ergibt sich ein stimmiges Bild. Die ptrumpet hat unsere Vorstellung von Blechblasinstrumenten nun gründlich auf den Kopf gestellt. Die ptrumpet ist komplett aus Plastik gefertigt und komplett, meint auch tatsächlich „komplett“: Vom Schallstück über das Mundrohr und Ventilsystem bis hin zum Mundstück – alles ist aus 100 % Kunststoff und zwar aus den sogenannten ABS-Kunststoffen.

Bei den ABS-Kunststoffen handelt es sich um Thermoplaste, also um Kunststoffe, die sich in einem bestimmten Temperaturbereich einfach verformen lassen. Sie bestehen aus den Bestandteilen Acrylnitril, Butadien und Styrol und gehören zur Gruppe der hochschlagfesten Styrol-Copolymerisate. Verarbeitet und eingesetzt werden ABS-Kunststoffe im Maschinen- und Fahrzeugbau, in der Elektronik- und Elektrotechnik, im Sanitärbereich und eben im Spielwarenbereich, wie bei den weltweit bekannten Lego-Steinen. Während Legos nur indirekt Töne erzeugen, nämlich dann, wenn Eltern nachts im Kinderzimmer barfuß drauftreten, dienen Kunststofftrompeten per se der Klangerzeugung für musikalische Zwecke.

Den Anspruch an Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit erfüllen die Instrumente aufgrund des Materials ohnehin, zudem sind sie konkurrenzlos leicht und günstig, nämlich nur rund 500 Gramm schwer und je nach Ausführung für zwischen 120 und 170 Euro zu haben. Doch wie wird die ptrumpet beurteilt im Hinblick auf Spielbarkeit, Tonerzeugung und Klang? Die preisgekrönte Star-Trompeterin Alison Balsom hat sie getestet. Das Video dazu ist auf YouTube unter dem Link https://www.youtube.com/ watch?v=NLAHSgZaMU0 abrufbar. Darin ist zu sehen, wie sie die ptrumpet auspackt, ihr Mundstück aufsteckt und loslegt. Schon nach dem ersten Anspielen zeigt sie sich erstaunt und positiv überrascht. „Wow, it feels so natural and blows so easily.“ Sie testet den Tonraum von tief nach hoch und kommt erneut zu dem Schluss. „It’s amazing, and feels so easy to play and comfortable to hold.“ Auch nach dem schnellen Wechsel zu den im Lieferumfang mit inbegriffenen Kunststoff-Mundstücken stellt sie fest: „The tune is amazing. I love it, it’s great!“ Dass sich ptrumpet über diese Bewertung freut – versteht sich von selbst.

Leichte Ansprache, guter Ton

Zur richtigen Einordnung dieser Bewertung muss man aber einerseits wissen, dass Alison Balsom im Rahmen einer in Großbritannien landesweit gestarteten Initiative zur musikalischen Bildung mit ptrumpet zusammenarbeitete. Andererseits wird sie von zahlreichen Erfahrungsberichten im Internet bestätigt. Dort werden die leichte Ansprache und der überraschend gute Ton vielfach gelobt. „Der Ton kommt einer ‚echten‘ Trompete erstaunlich nahe“, schreibt etwa ein User auf der Online-Plattform Musiktreff. Mehrfach bemängelt wird indes die Gängigkeit der Ventile. Hier wird von mehreren Trompetern berichtet, dass die Ventile schlechter laufen, mitunter verkanten, hängen bleiben, wenn sie beim längeren Spielen warm oder feucht werden. Durch frühes Betätigen der Wasserklappe ließe sich das Problem aber – so ein Erfahrungsbericht – relativ gut in den Griff bekommen.

Die ptrumpet – eine interessante Option für kleine Hände und kurze Finger

Zur Diskussion um den Klang lässt sich an dieser Stelle nur so viel sagen: Sie wird schnell emotional und mündet regelmäßig in die Frage, was ausschlaggebender für den Klang ist – die Qualität des Instruments oder das Können des Trompeters. Aber ist es nicht so, dass ein guter Trompeter auch aus einer Kunststofftrompete brauchbare Klänge produzieren kann, während einem schlechten Trompeter das beste Instrument nichts hilft? Und ist es wirklich nur PR, wenn eine professionelle Trompeterin wie Alison Balsom die ptrumpet für gut befindet?

Ungeachtet dieser Diskussion ist es in der Tat der Bereich der Ausbildung, in dem die ptrumpet mit den Argumenten Preis und Gewicht echte Pfunde in die Waagschale werfen kann. Denn dort, wo die kleinen Hände und kurzen Finger das Gewicht einer Metalltrompete noch nicht halten können, ist die ptrumpet eine interessante Option. Durch den günstigen Anschaffungspreis bietet die ptrumpet einen niederschwelligen Einstieg für Kinder und ihre Eltern und Vereinen zudem die Chance, Anfänger für das Orchester und die Bläserklassen zu gewinnen. Auf ein hochwertiges Instrument umsteigen können die jungen Trompeter:innen später immer noch. „Alles in allem“, so das Fazit eines ptrumpet-Spielers, „eine sehr gute und billige Einsteigertrompete für Anfänger ... und eine coole Spaßtrompete für alle anderen.“ Zwar würden wohl die wenigsten Trompeter:innen – und da würde vermutlich selbst Alison Balsom nicht widersprechen – die ptrumpet in Konzerten und für Soli verwenden, für alle anderen Gelegenheiten jedoch ist die ptrumpet absolut geeignet – vor allem für solche, bei denen es gilt, die teure Metalltrompete zu schonen. Und allen Traditionalisten sei gesagt: Die ptrumpet gibt es nicht nur in Rot, Grün, Blau, Gelb und Orange. Vielmehr lässt sie sich in Silber und Gold gleichsam auch inkognito spielen.

blasmusik Ausgabe 09-2021 | Autor: Martina Faller
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