Künstlersozialkasse und Arbeitslosenversicherung

Wir lernen anhand der Krise

Die Künstlersozialkasse bietet freiberuflichen Künstlern und Publizisten die Möglichkeit zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Im Krisenfall, das führt die Corona-Pandemie augenblicklich vor, reicht das zur Absicherung indes nicht aus. Der Bund Deutscher Blasmusikverbände regt deshalb eine Erweiterung der KSK um eine Arbeitslosenversicherung an.

blasmusik: Wie stehen Sie der Forderung des Bundes Deutscher Blasmusikverbände nach einer Arbeitslosenversicherung für freiberufliche Künstler gegenüber?
KSK: Das allgemeine Sozialversicherungssystem sieht keine Arbeitslosenversicherung für Selbstständige vor, da das unternehmerische Risiko der Selbstständigkeit immanent ist. Die Sozialversicherung hat sich im Laufe der Jahrzehnte zwar dahingehend verändert, dass eine soziale Absicherung verpflichtend ist und bei Solo-Selbstständigen ebenfalls greift, wenn kein Arbeitnehmer beschäftigt wird und auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber gearbeitet wird bzw. die Zugehörigkeit zu einer der in § 2 SGB VI genannten Personengruppen besteht. Diese Absicherung für Solo-Selbstständige gilt allerdings nur für die Rentenversicherung. Die Arbeitslosen-Pflichtversicherung ist generell an ein Arbeitsverhältnis geknüpft. Das SGB III lässt eine Arbeitslosenversicherung auf Antrag für Selbstständige, die eine selbstständige Tätigkeit mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich aufnehmen, zu. Eine Erweiterung der Künstlersozialversicherung um eine Arbeitslosenversicherung wird zurzeit nicht in Erwägung gezogen. Sofern vonseiten des Gesetzgebers ein entsprechendes Verfahren aufgesetzt werden soll, wird die Künstlersozialkasse in das Thema involviert werden. Eine Finanzierung über die Künstlersozialabgabe wäre politisch wahrscheinlich schwer durchsetzbar, zumal es für Selbstständige zwar auftragslose Zeiten, aber keine Arbeitslosigkeit im rechtlichen Sinne gibt.

blasmusik: Wie kommt es, dass eine Arbeitslosenversicherung für freiberufliche Künstler bislang noch kein Thema war?
KSK: Der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) versicherte Personenkreis lebt zum Teil in gemischten Versicherungsverhältnissen, d. h., es wechseln sich Zeiten der selbstständigen Tätigkeit mit Zeiten der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung oder Zeiten der Erwerbslosigkeit ab. Wer vorübergehend kein Arbeitseinkommen erwirtschaften kann, hat in der Regel die Möglichkeit, die Grundsicherung / Arbeitslosengeld II in Anspruch zu nehmen. Die Anspruchsvoraussetzungen wurden aufgrund der Corona-Pandemie noch einmal gelockert. So findet z. B. zurzeit keine Vermögensprüfung statt. Die Künstlersozialkasse betrachtet das Arbeitseinkommen aus selbstständiger künstlerischer / publizistischer Tätigkeit und Tatbestände, die zur Versicherungsfreiheit führen können (das sind z. B. sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen, Einkommen aus anderer selbstständiger Tätigkeit oder der Arbeitslosengeldbezug). In der Regel ist die soziale Absicherung durch die Künstlersozialversicherung und die allgemeine Sozialversicherung gewährleistet. Das mag auch der Grund dafür sein, dass das Thema Arbeitslosenversicherung kein primäres Thema ist. Wenn nach einer Arbeitslosenversicherung verlangt wird, sollte auch bedacht werden, nach welchem Beitrag bzw. auf welcher Bemessungsgrundlage sich die Leistung beziehen soll. Bei einem Versicherungsbestand von 190.000 Versicherten beläuft sich das Durchschnittseinkommen auf 18.454 Euro. Der Median lag im Jahr 2019, betrachtet auf den gesamten Versichertenbestand, bei 11.500 Euro.

blasmusik: Für viele andere Branchen hat sich in der Krise das Kurzarbeitergeld (KUG) bewährt. Ist das KUG auch für freiberufliche Künstler denkbar?
KSK: Die Künstlersozialkasse nimmt in diesem Sinne nicht die Funktion eines Arbeitgebers ein. Wir können dazu keine Stellung beziehen und verweisen auf unsere obigen Ausführungen.

blasmusik: Dass vielen Freiberuflern von heute auf morgen das Einkommen weggebrochen ist und sie mit jedem Monat, den die Krise andauert, mehr in existenzielle Not geraten, ist sicherlich auch der KSK bewusst. Welche Überlegungen gibt es in der KSK darüber, wie Betroffenen geholfen werden kann?
KSK: Die Künstlersozialkasse hat gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales dafür Sorge getragen, dass das Jahr 2020 bei der Betrachtung, ob in einem Sechs-Jahres-Zeitraum das Mindestjahresarbeitseinkommen von 3.900 Euro nicht mehr als 2x nicht überschritten wurde, außer Acht gelassen wird. Wer also z. B. in den Jahren 2019 und 2020 mit seinem Jahresarbeitseinkommen nicht über 3.900 Euro lag und auch für 2021 ein entsprechend geringes Einkommen erwartet, fällt nicht aus der Künstlersozialversicherung heraus. Die Versicherung bleibt auch im Jahr 2021 bestehen. Darüber hinaus werden die Prüfungen von Anträgen auf Ratenzahlung und Stundung von Beiträgen großzügig vorgenommen, der übliche strenge Maßstab nicht angesetzt.

blasmusik: Welche langfristigen Lösungen braucht es aus Ihrer Sicht, damit wir für die nächste Krise gewappnet sind? Und wie schnell lassen sie sich umsetzen?
KSK: Wir lernen anhand der jetzigen Krise, die noch nicht bewältigt ist. Eine Auswertung des Jahres 2020 wird im nächsten Jahr möglich sein. Dann werden unabhängig von den heutigen Diskussionen anhand konkreter Zahlen Rückschlüsse auf mögliche Veränderungen vorgenommen werden können.

blasmusik Ausgabe 01-2021 | Autorin: Martina Faller
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