Der Auftritt der Koninklijke Muziekkapel van de Gidsen (abgekürzt: Gidsen) ist eine Premiere beim Internationalen Blasmusik Kongress (IBK), der vom 16. bis 19. Januar 2020 in Neu-Ulm stattfindet. Denn zum ersten Mal konzertiert der Klangkörper aus Belgien in Deutschland. Ein Orchester, das in der Blasmusik-Szene den Ruf als eines der besten Blasorchester der Welt trägt. Dirigent Yves Segers verspricht ein Programm mit überwiegend belgischer Musik.
Die Gidsen sind der führende Klangkörper der Belgischen Armee. Es ist das älteste professionelle Orchester Belgiens und eines der besten Militärorchester der Welt. Das Sinfonische Blasorchester besteht aus 70 streng ausgewählten Musikern und einem Trompeterkorps von 11 Musikern, das einzigartig in dieser Art ist. Alle Orchestermitglieder haben einen hervorragenden Ruf und wurden an den besten Konservatorien ausgebildet. Einige Musiker sind heute selbst als Lehrende an diversen renommierten Institutionen tätig. Neben ihrer musikalischen Tätigkeit sind alle Musiker ausgebildete belgische Infanteristen.
Gegründet wurde das Ensemble im August 1832 auf Befehl von König Leopold I. von Belgien als Königliches Blasorchester des 1. Regimentes. Dirigent wurde Jean-Valentin Bender. Das Orchester hatte die Aufgabe, das Königspaar bei all seinen Auftritten musikalisch zu begleiten, weshalb es auch den offiziellen Titel Musique Particulière du Roi erhielt. Die ausgezeichnete musikalische Arbeit und der daraus resultierende Erfolg des Orchesters war so groß, dass es sehr schnell als eines der besten Blasorchester auf dem europäischen Kontinent und weltweit angesehen wurde. In den 20 Jahren zwischen den beiden Weltkriegen erlangte der Klangkörper einen so starken internationalen Ruf und eine Relevanz, die es zuvor in der Geschichte der Blasmusik noch nicht gegeben hatte. Unter der Leitung von Arthur Prévost führte die Gidsen 1929 eine Tour durch die Vereinigten Staaten, wo sie vom damaligen Präsidenten Herbert Hoover im Weißen Haus empfangen wurden. Am 4. September 1944 hatte das Orchester einen Ehrenauftritt für das belgische Volk nach der Befreiung des Landes durch verbündetete Truppen. Anfang des Jahres 1957 ernannte der Minister für Nationale Verteidigung Lieutnant Karel Torfs als Nachfolger von Simon Poulain, der Anfang 1957 in den Ruhestand ging. Bis zum Jahre 1962 hatten die Gidsen über 1.000 Konzerte in Belgien absolviert und nahmen bis 1985 erfolgreich an großen internationalen Festivals teil. Am 16. Juni 2007 starb der sich zu dieser Zeit im Amt befindende Dirigent François De Ridder bei einem Einsatz als freiwilliger Feuerwehrmann in der Stadt Zellik. Seit 2008 ist Ives Segers Dirigent des Orchesters. Das Trompeterkorps leitet Major Olivier Brichau. Alle Dirigenten dieses Ensembles schafften es, die Qualität der Gidsen stetig zu steigern. Darunter namhafte Persönlichkeiten wie Arthur Prevost, Yvon Ducéne und Norbert Nozy.
Da die Gidsen eine lange Zeit das einzige professionelle Orchester ihres Landes waren und es keine Sinfonieorchester in Belgien gab, fühlten sich die Gidsen in besonderer Weise verpflichtet, sinfonische Transkriptionen großer Sinfonischer Werke zu spielen. Aus diesem Grund basiert die Sitzordnung dieses Klangkörpers bis heute auf der Sitzordnung eines Sinfonieorchesters in der Art der amerikanischen Aufstellung: Die Klarinetten sitzen wie die Violinen und Bratschen im Sinfonieorchester links vom Dirigenten bzw. vor diesem, die sinfonischen Holz- und Blechbläser, Flöten, Oboen, Fagotte und Hörner sitzen im Zentrum des Orchesters. Euphonien und Tuben sitzen dort, wo Celli und Kontrabässe im Sinfonieorchester sitzen, nämlich in den letzten beiden Reihen rechts vom Dirigenten aus gesehen. Vor diesen befindet sich das Saxophonregister und davor wiederum die Bassklarinetten und Kontrabassklarinetten. Die Posaunen sitzen in der letzten Reihe hinten rechts und die Trompeten hinten links. Das Schlagzeug ist sinfonisch angeordnet: Stabspiele, Pauken, Schlagzeug und/oder kombiniertes Schlagwerk und Große Trommel (von links nach rechts). Sinfonische Transparenz, die dem Orchester zugeschrieben wird, ist das Ergebnis dieser Sitzordnung, der musikalischen Arbeit und der Kompositionen und Transkriptionen, die dieses Orchester spielt; viele Transkriptionen sind speziell für dieses Ensemble arrangiert worden. Einige von ihnen sind mehr als 100 Jahre alt und werden noch immer gespielt. Gesamtaufführungen von großen bedeutungsvollen sinfonischen Werken wie Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie oder Gustav Mahlers 3. Sinfonie in Transkriptionen von Norbert Nozy oder ein beeindruckendes Konzert mit Barbara Hendricks in der Kölner Neuen Philharmonie sind nur einige Höhepunkte aus der jüngeren Geschichte des Orchesters. Mit ihrer umfangreichen CD-Liste und zahlreichen, renommierten Konzerten in Belgien und dem Ausland (Kanada, Frankreich, Ungarn, Spanien, den Niederlanden, Thailand, der Türkei und den USA sowie Gastspiele auf berühmten Tattoos) beweisen die Gidsen, dass sie zur absoluten internationalen Spitzenklasse gehören. Aufgrund dieser außergewöhnlichen Qualitäten hat das Orchester viele Komponisten, von Berlioz bis Strawinsky, unaufhörlich fasziniert. Noch heute rufen berühmte Komponisten wie Jacqueline Fonteine, Frederic Devreese und Francois Glorieux die Gidsen dazu auf, ihre neuen Kompositionen auf den Weg zu bringen und auf CD aufzunehmen.
Der Auftritt dieses herausragenden Klangkörpers beim IBK 2020 ist ein Hörerlebnis, das man nicht verpassen sollte. Die Chance, eines der besten Blasorchester der Welt live hören und sehen zu können, ergibt sich in Deutschland schließlich nicht alle Tage.
Die Kapellmeister der Koninklijke Muziekkapel van de Gidsen im Überblick:
1. Jean Valentin Bender 1832 bis 1873
2. Jean Frederic Staps 1873 bis 1892
3. Jean Julien Simar 1892 bis 1901
4. Léon Walpot 1901 bis 1918
5. Arthur Prévost 1918 bis 1944
6. René De Ceuninck 1944 bis 1946
7. Franz Wangermée 1946 bis 1948
8. Simon Poulain 1948 bis 1957
9. Karel Torfs 1957 bis 1961
10. Yvon Ducène 1962 bis 1985
11. Norbert Nozy 1985 bis 2003
12. François De Ridder 2003 bis 2007 (ad interim)
13. Yves Segers seit 2008
Die beglische Gidsen tritt am 19. Januar 2020 um 12:30 Uhr beim IBK in Neu-Ulm auf. Ein Highlight dieses Konzertes ist der Saxophon-Solist Hans de Jong.
Weitere Infos unter:
https://www.royalbands.mil.be/nl/koninklijke
blasmusik Ausgabe 01-2020 | Autorin: Lisa Bodem
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