Florentiner March, op. 214 • Partituranalyse

(Grande Marcia Italiana)

Julius Arnost Vilem Fučik (1872 – 1916)
Arr. M. L. Lake, Edited by Frederick Fennell, Carl Fischer Verlag New York, USA,1980

1. Komponist:

Julius Fučik wurde 1872 in Prag im heutigen Tschechien geboren. Bereits als Kind zeigte er ein außergewöhnliches musikalisches Talent und begann schon mit 12 Jahren seine Studien am Prager Konservatorium. Zunächst studierte er die Instrumente Fagott, Violine, Schlagzeug und nahm danach Kompositions-unterricht bei Antonín Dvořák. 1891 erreichte er mit 19 Jahren seinen Abschluss am Konservatorium und begann seinen Dienst als Musiker in der Militärkapelle des 49. Regiments in Krems an der Donau. 1895 kehrte er in seine Heimatstadt zurück, um als professioneller Fagottist in verschiedenen Orchestern mitzu wirken. 1897 begann Fučik eine sehr erfolgreiche Karriere als Dirigent verschiedener Militärorchester. Er schied 1913 aus dem Militärdienst aus, heiratete und zog nach Berlin. Dort gründete er den „Tempo-Verlag“, was schon seit Längerem sein Wunsch gewesen war. Sein Leben endete früh, er verstarb 1916 mit nur 44 Jahren an einem Krebsleiden. Fučik war mit mehr als 400 Werken ein überaus produktiver Komponist. Viele seiner Kompositionen sind kurze Stücke, sowohl sakraler als auch säkularer Natur, darunter auch eine Operette. Allerdings ist er vor allem für seine Märsche berühmt und war einer der Hauptkomponisten dieses Genres in Europa.

2. Komposition und historische Hintergründe:

Die Welt war im Aufbruch des 20. Jahrhunderts. Industriell-technische Erneuerungen, großartige Erfindungen (bspw. Zeppeline, Motorflugzeuge, Rundfunk) eroberten und faszinierten die Menschheit. Gustav Mahler schrieb seine „Achte Symphonie“, die „Symphonie der Tausend“. Großartige Orchester, auch viele Militärorchester, wurden gegründet und aufgebaut. Berühmte Komponisten wie Gustav Holst („First Suite“ und „Second Suite“), Percy Grainger („Irish Tune from County Derry“) und später Ralph Vaughan Williams („English Folksong Suite“) schrieben bedeutsame und wegweisende Werke für Militär-orchester. Franz Lehár feierte mit seiner Operette „Die lustige Witwe“ großartige Erfolge, wobei er zuvor „jüngster Kapellmeister“ in einem Militärorchester der k.u.k. Armee war. Diese Musikentwicklung, besonders in dem Bereich der Militärorchester sorgte maßgeblich dafür, dass die Popularität des Marsches als musikalisches Genre sich auf dem europäischen Kontinent, aber auch in Übersee etablieren konnte.

Viele der militärischen und zivilen Kapellmeister waren auch Komponisten und Arrangeure für ihre Orchester. Fučiks Originalität und seine Fähigkeit, einen einzigartigen Stil zu formen, ermöglichten ihm, trotz seiner kurzen Karriere, einen großen Respekt und große Erfolge als Komponist zu erreichen.

Der Florentiner Marsch hieß ursprünglich „La Rosa di Toscana“ (siehe unten). Diese musikalische Ehrung der Stadt Florenz, Hauptstadt der Region Toskana in Italien, beinhaltet Elemente, die als symphonisch, vielleicht sogar als opernhaft erachtet werden können: Die Eröffnungsfanfare samt die dramatische Unter-brechung ähneln dem opernhaften rezitativen Stil. Die Wiederaufnahme der Fanfare, die in den ersten Teil überleitet, ist überhaupt nicht typisch für Marsch-Einleitungen wie z. B. bei deutschen oder amerikanischen Märschen. Ebenso zeigen das klangstarke und melodiöse Trio, die Zwischenteile usw. die Besonderheit dieses „Grande Marcia Italiana“!

Auf der Webseite des Musikverlages Rundel findet man unter folgendem Link:

http://www.juliusfucik.de/werke.html

u.a. diesen Eintrag:
In diesen Marsch wollte Fucik die Inhalte einer Operette einbauen. Das Werk beginnt mit einer Trompetenfanfare, worauf lustige und schnelle Sechzehntel-läufe der Holzbläser folgen. Diese stellen ein schnelles Plappern einer Florentiner Signora dar, die sich mit ihrem Freund unterhält. Der Freund wird durch zwei tiefe Töne ("Si-Si oder „Ja wohl") dargestellt. Mehr Möglichkeit zum Sprechen hat er nicht. Eine weitere Fanfare beendet diesen Teil. Ein melodiöser dreistimmiger Teil mit einem Zwischenspiel und ein triumphaler Schluss mit Piccolo-Einwürfen beenden diesen Marsch. Der Originaltitel dieses Marsches lautete "La Rosa di Toscana". Aus politischen Gründen musste Fučik diesen Marsch auf "Florentiner Marsch" umbenennen.

Auf der Webseite des o.g. Verlages findet man auch eine Auflistung, für welche unterschiedlichen Besetzungen es eine Bearbeitung dieses Marsches gibt.

3. Technische und stilistische Überlegungen

3.1 Technische Überlegungen

Die vielleicht wichtigste technische Überlegung ist die Deutlichkeit und Klarheit in der Artikulation, insbesondere bei den schnellen Notenwerten. Sechzehntel-noten in unterschiedlichen Gruppierungen sind in fast allen Teilen des Marsches reichlich vorhanden und stellen besondere Herausforderungen an die jeweiligen Register dar. Großer Luftaufwand, gute Atemtechnik, wohldurchdachte und abgesprochene Artikulationen sowie eine solide technische Grundlage sind die Basis für eine erfolgreiche Interpretation solcher Stellen (B, T. 17-49; W, T. 192). Obwohl die dynamischen Anforderungen insgesamt denen vieler anderer Märsche gleichen, bleibt es bspw. eine besondere Herausforderung im Wieder-holungsteil des Trios das pianissimo feinfühlig, geschmackvoll und gut aus-balanciert auszuführen. Hier gilt es auch ständig auf einen angepassten und wohldosierten Gebrauch der Vibrati zu achten.

Natürlich braucht man für das Eröffnungssignal einen guten Cornet-Solisten oder es spielt das komplette Register, dann aber mit großer Vorsicht.

3.2 Stilistische Überlegungen:

Natürlich kommt es auch bei diesem Marsch zu einem hohen Energieaufwand, der insbesondere aus einer gelungenen Atemtechnik resultiert, um z.B. die lebhafte Qualität und Beschwingtheit dieses Marsches optimal umzusetzen. Denn nur mit einer gut trainierten Atemtechnik wird die o. e. Klarheit in der Artikulation möglich sein. Ich bevorzuge eine im Allgemeinen weiche, aber dennoch abwechslungsreiche und transparente Artikulation, basierend auf einer soliden, aufwendigen Luftführung.

Die sich wiederholenden Notengruppierungen (Sechzehntel) müssen ziel-orientiert gespielt werden (B, T. 17-49), so dass sie eine Vorwärtsbewegung darstellen. Solch eine Zielorientierung trägt auch dazu bei, die agogische Betonungen, die auf die längeren Noten der Melodie gelegt werden müssen, zu unterstützen. Darüber hinaus muss die Bereitschaft, gut aufeinander zu hören, unbedingt vorhanden sein, um u.a. die gewünschte einheitliche Artikulation zu erreichen. Sowohl die Melodie im Trioteil als auch die ansteigenden Arpeggi in der Gegenmelodie (im Wiederholungsteil) benötigen einen gleichmäßigen und sehr gut kontrollierten Luftfluss. Die Begleitinstrumente sollten sich des Ansteigens und Abfallens der Melodielinie bewusst werden und versuchen, anhand dieser Melodielinie geschmackvoll und sinnvoll zu phrasieren.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Akzente in erster Linie durch einen großen Luftstrom statt einer deutlich hervortretenden Artikulation erreicht werden sollen. Dies ist besonders bedeutsam bei den Marcato-Akzenten im Teil U–W (T. 176-191). Dennoch soll die frappierende stilistische Veränderung zum Cantabile-Stil im Trioteil O–S (T. 124-157) durch einen besonders schlanken Klang und eine quirlige Artikulation hervorgehoben werden. Deshalb ist es sehr erstrebenswert, immer wieder unterschiedliche Stile zu kreieren, um auch die musikalische Spannung abwechslungsreich zu gestalten, zu steigern bzw. aufrecht zu halten.

Klarheit und Präzision zusammen mit einer Artikulation, bei der der Klang wohl-beachtet wird, sollten grundsätzlich das Ziel sein. Viel zu oft werden Staccato-Artikulationen zu kurz und noch schlimmer abgehackt gespielt. Immer noch werden die Musiker zu selten dazu aufgefordert, solche Artikulationen auf keinen Fall zu kurz, sondern besser mit mehr Luftpolster und deutlich klangvoller (gerne auch mit einer dunklen Klangfarbe) zu spielen.

Für das komplette Blechregister gilt es mit einem leichten, eher lockeren Ansatz und wie eben beschrieben großem Luftpolster und einem federnden Nachklang zu artikulieren. Jegliche Form von Verkrampfung, zu harter Artikulation oder falsch dosierter Kraft stört letztendlich die Klangbrillanz und Klangfarbenvielfalt. Insbesondere im Trioteil gilt es, diese exklusive Tonkultur, gefordert durch die Charakteristik des Cantabile-Stils, besonders motiviert anzustreben und mit einem geschmackvollen Vibrato abzurunden.

Letztlich wird alles, was nicht eine weiche und dennoch differenzierte Artikulation darstellt, von der eigentlich gewünschten Tonqualität und Klang-vielfalt ablenken.

4. Musikalische Elemente

4.1 Melodie:

Der Melodieverlauf des Florentiner Marsches besteht grundsätzlich aus symmetrischen Phrasen mit jeweils acht Takten. Hier ist viel Aufmerksamkeit notwendig: Als Gruppe zu phrasieren bedeutet weit mehr als nur gemeinsam an der angemessenen Stelle zu atmen. Wichtige Absprachen bezüglich der Länge und Art der Artikulation sind zu treffen (siehe 3.1); Flöten artikulieren anders als Klarinetten, Doppelrohrinstrumente anders als Einfachblattinstrumente, Holz-bläser anders als Blechbläser etc. Deshalb sind manchmal auch sogenannte Mischartikulationen notwendig und sinnvoll und dürfen nicht dem Zufall überlassen werden. Dabei gilt es immer den korrekten musikalischen Bogen zu erkennen und sinnvoll zu gestalten. In vielen dieser Phrasen müssen z.B. die Viertelnoten, die auf den betonten Zählzeiten liegen, zusätzlich Gewicht (Betonung) erhalten, am besten durch große Luftpolster, nicht durch einen schärferen Anstoß. Diese Viertelnoten haben häufig ein Tenuto-Zeichen und sollten auch für die ganze Länge ihres Wertes ausgehalten werden. Besondere Aufmerksamkeit sollte ab B (T. 17) zusätzlich auf das Ende jedes achttaktigen Abschnittes gelegt werden: Die Melodie selbst endet mit zwei Achtel Noten, ähnlich einer Appoggiatura (ital. Vorschlag), siehe ein Takt vor C, D, E. Hier gilt es äußerst geschmackvoll vorzugehen, da genau diese Stelle viel zu oft sehr derb und roh interpretiert wird. Jedenfalls ist dieser Effekt ein außergewöhnlich kreativer Moment und sollte – durch entsprechende Berücksichtigung – als solcher gewürdigt werden.

Im sogenannten „Bassthema“ (F-J, T. 50-81) sollen die langen Noten mit einem stabilen Ton gehalten werden, ohne diminuendo. Viele Musiker haben die Tendenz, nach jeder längeren Note zu atmen. Die Phrasen sollten aber wenigstens vier Takte lang sein. Ein wichtiges Ziel für die Melodieentwicklung in diesem Teil ist es, zwei bogenförmige Phrasen von sechzehn Takten aufzubauen, was am besten mit versetztem Atmen bzw. Aufteilen auch innerhalb eines Registers sowie mit klugen Absprachen gut zu erreichen ist.

Im Trio (ab O) sollten die Musiker Phrasen von acht Takten gestalten, was entscheidend für die Effektivität der stilistischen Veränderung ist. Man sollte auf einen gleichmäßigen, gut unterstützen Atemfluss bestehen und die Not-wendigkeit betonen, diesen Abschnitt in einem intensiven molto legato und cantabile zu spielen. Dynamische Nuancierung sollten unbedingt dem Linienfluss der Melodie folgen.

Wichtiger Hinweis: In der Oboenstimme (4. Takt in P, T. 135) fehlt das b und am Ende (4. Takt in R, T. 151-154) fehlen zwei Takte aufgrund der zu tiefen Lage der Melodie. Hier kann man gute Lösungen schaffen, wie z.B. in der Rundel-Ausgabe (siehe Info-Box, Hinweise zu den Ausgaben), die das Englischhorn an dieser Stelle einsetzt, was eine geistreiche Lösung und besondere Klangfarbe darstellt. Dafür sind in der Fennell-Ausgabe die Klarinetten im Trio in Oktaven gesetzt, was natürlich auch eine fantastische Klangfarbe ergibt.

Der Teil zwischen den Wiederholungen des Trios (ab S-W, T. 158-191) sollte mit einem sehr gut kontrollierten Luftstrom gespielt werden, der die notwendige klare Artikulation ermöglicht. Es ist darauf zu achten, dass die quirligen Noten mit den Vorschlägen nicht mit zu viel Zungenanstoß gespielt werden. Es soll leicht und fluffig wirken, nicht hart und schwer. Auch hier ist zielorientiertes Phrasieren sehr hilfreich.

Schlussendlich muss der letzte Teil (ab W, T. 192) mit einem breiten, vollen Sound gespielt werden, wobei die Balance und die unterschiedlichen Klangfarben den fortissimo-Effekt erzeugen sollten. Längere Phrasen in dieser Lautstärke zu gestalten, wie es hier gewünscht wird, erscheinen besonders herausfordernd; deshalb ist auch hier wieder das versetzte Atmen eine effektive Lösung.

4.2 Harmonie:

Fučik konstruierte für diesen Marsch einen Harmonieplan, der entlang der damals durchaus üblichen harmonischen Beziehungslinien, zwischen der I-V-I Stufe bewegt. Es ist dennoch interessant festzustellen, wie er wiederholten Gebrauch von verminderten Septakkorden in der melodischen Basslinie inklusive der Begleitstimmen macht. Das Arrangement von Frederick Fennell steht in Es-Dur mit der gebräuchlichen Modulation nach As-Dur (diesmal abwärts I-V) im Trio. Die harmonischen Abläufe sind im ersten Melodieteil bis zum Bassthema (B-F, T. 17-49) ziemlich traditionell.

Im Bassthema (F-J, T. 50) werden diese jedoch etwas verändert und Fučik benutzt zum ersten Mal einen komplett verminderten Septakkord auf dem Ton h mit der Septim im Bass (z.B. G, T. 58). Das ist u.a. auch das Ergebnis der Struktur der Bassmelodie. Fučik nimmt sich nicht unbedingt die Zeit, ausführliche Modulationen zu gestalten. So geht es dann ab H (T. 66) ohne große Umwege rasch wieder zurück nach Es-Dur.

Zwischen H-J (T. 60-82) erklingen verschiedene Dreiklänge (c-Moll, g-Moll, D-Dur7, G-Dur etc.) die alle in einem relativen Bezug zur Ausgangstonart Es-Dur stehen. Ab J (T. 82) erklingt wieder Es-Dur. In diesem Abschnitt J-M (T. 82-105) haben 2+3. Klar., 1.Cornet und Fagott eine sehr wichtige, chromatische Sech-zehntel-Passage zu spielen, während gleichzeitig die anderen Stimmen das melodische Material aus dem ersten Melodieteil (B, T.17) wiederholen. Es ergibt sich ein spannender, harmonisch interessanter Kontrast.

Die letzten acht Takte dieses Teils ab M (T. 106-113) erklingen immer noch auf der Basis der Ausgangstonart Es-Dur bzw. im erweiterten harmonischen Umfeld von Es-Dur, allerdings auch hier mit verminderten Septakkorden, gefolgt von f-Moll, c-Moll, B7 und schließlich wieder Es-Dur.

Es ist wichtig, den Musikern, die die Basslinie spielen, klar zu machen, dass die Bewegung dieser Linie bis zum Ankunftspunkt bzw. dem harmonischen Ziel-punkt äußerst wichtig, quasi die treibende Kraft, ist und deshalb unbedingt hervorgehoben werden muss. Die richtige Führung dieser Basslinie, eine kluge Phrasierung und Artikulation sowie eine starke Konzentration auf das ziel-orientierte Spielen dieser Linie sind einer der Schlüssel zu einer beein-druckenden und erfolgreichen Interpretation.

Das eben erwähnte Beispiel aus dem Bassthema wird auch bei P (T. 132-139) so ähnlich verwendet und zeigt klar, dass hier die Harmonien sehr deutlich im Vordergrund stehen sollten. Deshalb ist es wichtig, dass die Musiker angeleitet werden, mehr auf solche spannenden und abwechslungsreichen Harmonien als Gestaltungsmittel zu achten, anstatt sich bspw. vorwiegend auf die melodischen Führungen zu konzentrieren.

Im Übergangsteil U-W (T. 177-193) wechselt die harmonische Struktur von Es7 nach as-Moll und es wird Tonmaterial einer as-Moll-Tonleiter verwendet. Dieser harmonische Wechsel nach Moll, insbesondere nach dem beschwingten, brillanten Teil davor, betont den stilistischen Wechsel und bereitet den Zuhörer auf den folgenden dramatischen Teil und den Übergang zum finalen Grandioso Teil (W, T. 192-223) emotional vor.

4.3 Rhythmus:

Eine der wichtigsten rhythmischen Figuren, die in diesem Stück vorkommen sind die Sechzehntel-Figuren. Diese gleichmäßig in Bezug auf Lautstärke, Balance und Artikulation zu spielen, dürfte eine der Herausforderungen bei diesem grandiosen Marsch sein. Beide Sechzehntel Notengruppen – diejenigen, die auf einem Ton bleiben (B, T. 17) und die aufsteigenden (ab 4.Takt in B, T. 20ff) – müssen präzise und absolut pünktlich, auf keinen Fall zu schnell oder zu früh gespielt werden. Die Rhythmen selber sind nicht unbedingt eine große Schwierigkeit, da das ganze Orchester in dem eher traditionellen Marsch-rhythmus erklingt und so das Spielen dieser Sechzehntel-Rhythmen erleichtert, vielmehr sind die Pünktlichkeit und die Präzision zu beachten. Häufig tendieren die Musiker dazu, die Sechzehntel Noten zu schnell zu spielen, vor allem dann, wenn sie bereits technisch beherrscht werden. Eine weitere zu beachtende Tendenz ist, diese Gruppierungen zu früh zu beginnen, besonders wenn diese auf Zählzeit 2 starten, wie bei den aufsteigenden Sechzehntel Noten im 4. Takt nach B (T. 20-22) und Folgende. Das gilt dann auch für die Stellen ab E (T. 41+42) und 5. Takt nach M (T. 110-113). Ebenso auch ab W (T. 192) hier besonders für Picc.Fl., Fl. und Es Klar. Gleichmäßiges, ruhiges Spielen mit leichter, eher breiter Artikulation wird den gewünschten Effekt optimal erzielen, zumal fast durchweg eine sehr prominente Percussionsgruppe den gewohnten Marscheffekt erzeugt.

Im ganzen Marsch gibt es keine Änderung des Anfangstempos, das hier mit ♩= 112 festgelegt ist. In den anderen Ausgaben (siehe Infobox „brawoo“ Magazin) gibt es hierzu Abweichungen. Der einzige Moment einer notierten Tempo-änderung in diesem Marsch ist das ritenuto vor Buchstabe W (T. 190-191) und das folgende poco meno mosso bzw. poco accellerando, das darauf folgt.

4.4 Besondere Klangfarben:

Die Vielfalt in den Klangfarben bzw. der kontrastreiche Einsatz dieser Klangfarben ist ein weiteres Beispiel für die sinfonische Qualität dieser besonderen Marschkomposition. Bereits in der Einleitung setzt Fučik ab-wechselnde Farben ein, z.B. den strahlenden, kräftigen Cornet-Fanfaren Klang, der auf dem Grundton landet, und den antwortenden leichten Klang in der Holzbläser Gruppe. Ein Duett zwischen der Solo Piccolo-Flöte und Solo-Piccolo-Snare-Drum beantwortet diese Eröffnungspassage des Cornets, gefolgt von stabilen Orchester Tutti-Akkorden in Es-Dur mit abschließendem Solo der großen Trommel (Bass-Drum). Diese Sequenz wird wiederholt und dieses Mal landet das Cornet auf der Quinte, wieder beantwortet von einer filigranen Klangfarbe in den hohen Holzbläsern, die quasi gleichzeitig zu B (T. 17) und dem Beginn des eigentlichen Melodieteils überleiten. Wir sehen, bereits im Eröffnungsteil begegnen uns eine Vielfalt von unterschiedlichen Klangfarben.

Eine weitere Klangbesonderheit in diesem Arrangement:

In dieser „Fennell“ Ausgabe werden drei verschiedene Snare-Drums verwendet:

• Piccolo Snare Drum (Kesseltiefe ca. 8 cm),
• Concert Snare Drum (Kesseltiefe ca. 13-15 cm) „quasi Kleine Trommel“
• Field Snare Drum (Kesseltiefe ca. 30 cm)

Die Durchmesser dieser „kleinen Trommeln“ sind eigentlich identisch, nur die Kesseltiefe variiert. Die Concert- und die Field-Snare-Drum werden benutzt, um die Picc.-Snare-Drum zu unterstützen. Sowohl für den dynamischen Kontrast, als auch für die Klangfarbe und den umfassenden Klang des kollektiven Sounds, der in den meisten Abschnitten die große Trommel, die Becken und die Pauken (leider nicht im Particell notiert) beinhaltet. Der starke und doch hell-schimmernde Klang der Piccolo Snare Drum ist besonders passend in den Teilen, in denen leichte Melodiephrasen der Holzbläser vorherrschen. Im Bassthema ab F (T. 50), in dem tiefes Blech und tiefes Holz die Melodie übernehmen, werden alle drei Snares benutzt. Ein besonders effektvoller Moment für die volle Klangfarbe sind die vier Takte vor W (T. 188-191). Das dramatische ritenuto wird durch die Snare Drums dadurch noch gesteigert, dass zuerst (4. Takt vor W) nur die Picc. Snare Drum im piano mit einem Wirbel beginnt und erst zwei Takte später die anderen beiden Snares dazu kommen und gemeinsam ein orchestrales crescendo unterstützen. Die beiden Snares mit dem eher tieferen und voluminöseren Klang kommen erst in dem Moment dazu, wenn im Holz der Triller und in der Pauke der Wirbel beginnt. Tipp: Hier könnte man u.a. auch noch einen Bass Drum Wirbel hinzufügen, wie in der Rundel Ausgabe (siehe „brawoo Magazin, Info-Box, Hinweise zu den Ausgaben) notiert.

Eine weitere interessante Percussions-Klangfarbe mischt sich durch die Triangel und das Glockenspiel im Abschnitt S (T. 158 ff) dazu. Bis dahin wurde im Trio kein Schlagzeug verwendet. Es gibt an dieser Stelle des Trios eine Stilveränderung, zurück zu dem eher traditionellen Marschstil, allerdings ist dabei Fučiks Verwendung dieser metallischen Klangfarben des Glockenspiels und der Triangel äußerst effektiv, sogar überraschend und ein weiteres Beispiel für eine feinfühlige Umsetzung von Klangfarben mit einem großartigen Gespür für Balance und Klangmischung. In diesem Teil S (T. 158-173) steht auch deshalb überall pp, u.a. damit der Einsatz der o.g. Schlaginstrumente und auch die neue Klangfarbe intensiv wahrgenommen und klar gehört werden können. Jegliches Missachten dieser angegebenen Dynamikstufe pp bei den anderen Instrumenten wird diesen wunderschönen Effekt, den Fučik hier erzeugen möchte, zunichte machen.

Für die Abstimmungen der einzelnen Klangfarben und Mischungen in den Registern sollten sich die Dirigenten viel Zeit nehmen. Überprüfen Sie immer wieder, ob die einzelnen Register möglichst oft in ihren günstigen Lagen spielen können. Nehmen Sie zur Klangverbesserung und Optimierung gelegentlich auch Änderungen, z.B. Oktavierungen nach unten, vor. Ein ständiges Überprüfen der Klangqualität fördert eine schönere Präsentation.

Es lohnt sich auf jeden Fall, diesen außergewöhnlichen Marsch genauer zu studieren, besonders wenn er zum sogenannten Standardrepertoire gehört und sich eventuell schon so manche Oberflächlichkeit eingeschliffen hat. So gibt es viele Details, die ich in dieser Analyse aufgreife, beleuchte und zu erklären versuche, damit eine bessere und überzeugendere Präsentation möglich wird.

Dieser „Grande Marcia Italiana“, der ungefähr sechs Minuten dauert, ist ein wunderbares und besonderes Beispiel für einen klangvollen symphonischen Konzertmarsch.

blasmusik Ausgabe 07-2021 | Autor: Stefan Kollmann
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